Liebe Motorsportfreunde,
hier ist Bericht Nr. 2 mit historischen Aufnahmen vom GP von Deutschland 1958
In der schweizerischen Zeitschrift OLD+YOUNG erschien ein Artikel von mir über
den Grossen Preis von Deutschland 1958 auf dem Nürburgring. Es war ein denkwürdiges Rennen, das leider einen tödlichen Unfall zu verzeichnen hatte. Der Weltklassefahrer Peter Collins verunglückte im Streckenabschnitt ‚Pflanzgarten’ tödlich.Das Rennen gewann der englische Zahnarzt Tony
Brooks auf Vanwall
Großer Preis von Deutschland 1958
- Zahnarzt Brooks siegt auf Vanwall -
Der Große Preis von Deutschland 1958 war spannend und tragisch zugleich, es kamen nur 4 Formel 1-Rennwagen ins Ziel. Die im Formel 1-Feld mit gestarteten Formel 2-Rennwagen kamen ab dem 5. Platz ins
Ziel. Tragisch war der Tod des englischen Ferrari-Rennfahrers Peter Collins im Streckenabschnitt Pflanzgarten.
Technik
Ab 1954 hatten die Formel 2-Rennwagen einen Hubraum von 2,5 l. Wir erinnern uns noch daran, dass 1954 die „Silberpfeile“ von Mercedes wieder an den Start gingen und Juan Manuel Fangio 1954 und
1955 die Weltmeisterschaft gewann. Juan Manuel Fangio war auch in den folgenden Jahren auf Ferrari und Maserati der dominierende Fahrer. Er hatte 1957 nach einem grandiosen Rennen auf dem Maserati
250F den Großen Preis von Deutschland gewonnen. 1958 war Maserati werksseitig nicht mehr am Start, nur noch Ferrari startete als italienischer Rennstall. Die Konkurrenz für die roten Renner aus
Italien waren die Formel 1-Rennwagen von Vanwall und BRM aus Großbritannien. Gefahren wurde der Vanwall von dem ewigen „Vize-Weltmeister“ Stirling Moss, dem Zahnarzt Tony Brooks und dem
Nachwuchfahrer Stuart Lewis-Evans. Für BRM fuhren Jean Behra aus Frankreich und Harry Schell aus den USA. Die Vanwalls bestachen durch ihre Formschönheit und hatten 1957 bereits gezeigt, dass sie
superschnell waren, aber sie hatten noch keine Ausdauer – und gerade auf dem Nürburgring werden Fahrer und Material aufs Härteste beansprucht.
Durch den Rückzug von Mercedes, Lancia, Gordini und Maserati in den vorangegangenen Jahren war das Starterfeld ausgedünnt worden, so dass mit den Formel 1-Rennwagen (2,5 l Hubraum) auch Formel
2-Rennwagen (1,5 l Hubraum) starten durften. Hier hatten die Engländer eine Revolution im Rennwagenbau eingeleitet und John Cooper kam mit einem superleichten Rennwagen mit Mittelmotor zum
Nürburgring. Porsche hatte den 1,5 l Rennsportwagen auf Mittellenkung umgerüstet und war mit Edgar Barth ebenfalls in der Formel 2 am Start. Bleibt noch zu erwähnen, dass die Formel
1-Rennwagen mit 2,5 l Hubraum eine Leistung von etwa 285 bis 300 PS hatten (heute haben die 2,4 l Formel 1-Motoren eine Leistung von 700 PS). Am Start am Nürburgring waren in der Formel
1-Wertung auch „aufgebohrte“ Formel 2-Rennwagen von Lotus und Cooper mit Climax-Motoren.
Auch damals gab es schon einen riesigen Klassenunterschied zwischen den Teams von Ferrari, Vanwall und BRM, die über große finanzielle Möglichkeiten verfügten, sowie den kleinen Teams von Cooper und
Lotus, die ihre Wagen mehr oder weniger in Garagen zusammen bauten.
Start in 4er Reihe
Es gab damals am Nürburgring noch keine Boxengasse, sondern die Rennstrecke und der Platz vor den Boxen war lediglich durch einen Strich markiert. 4 Fahrzeuge standen in der ersten Startreihe.
Schnellster war der Brite Mike Hawthorn auf Ferrari vor Tony Brooks auf Vanwall, gefolgt von Stirling Moss auf Vanwall und Peter Collins (Ferrari), der 2 Wochen vorher den Großen Preis von
Großbritannien gewonnen hatte. Wolfgang Graf Berghe v. Trips, der 1958 für Porsche auf Sportwagen startete und in der Formel 1 auf Ferrari, führte die 2. Startreihe an. Dann kamen aber auch
schon die leichten und wendigen Cooper von Roy Salvadori und Maurice Tritingnant, die für den kurvenreichen Nürburgring bestens geeignet waren. Schnellster Formel 2-Rennfahrer war Phil Hill auf
Ferrari, der immerhin auf dem 10. Startplatz stand. Übrigens starteten die Rennwagen versetzt, d.h. in der 2. Startreihe waren nur 3 Fahrzeuge aufgestellt, während in der 3. Startreihe
wieder 4 Fahrzeuge standen.
Erwähnenswert waren noch 2 ein Jahr alte Maserati gefahren von Joakim Bonnier sowie Hans Herrmann, beide hatten aber mit dem Rennausgang nichts zu tun.
Das Rennen
Das Rennen war eines der interessantesten, die es je auf dem Nürburgring gegeben hat. Zunächst setzte sich Stirling Moss an die Spitze des Feldes. Ich stand am Streckenabschnitt Flugplatz und Stirling
Moss kam bereits mit einem Vorsprung von wohl 200 m angeschossen. Dahinter Harry Shell auf BRM gefolgt von Tony Brooks auf Vanwall und dann die beiden Ferrari mit Hawthorn und Collins. Tony
Brooks wurde bereits in der 1. Runde von den beiden Ferraris überholt, Stirling Moss baute seinen Vorsprung auf 20 Sekunden aus. Dann ging Hawthorn zum Angriff über. Das spornte Moss in der 3. Runde
zu einem neuen Rundenrekord an. Er verbesserte Fangios 1957er Rekord von 9 Minuten 17,4 Sekunden auf 9 Minuten 9,2 Sekunden. Aber in der 4. Runde gab Moss – 18 Sekunden vor Hawthorn liegend
– wegen Motorschadens die Führung auf. Collins lag dicht hinter Hawthorn und etwa 3 Sekunden später folgte Brooks. Das Formel 2-Feld führte Phil Hill auf einem 1,5 l Ferrari an. Graf Trips
hatte Probleme mit den Bremsen, konnte aber nach dem Ausfall vieler anderer Rennwagen noch den 4. Platz erreichen.
Hawthorn und Collins lieferten sich für einige Runden ein Privatduell, passierten die Boxen nebeneinander und wechselten häufig die Plätze. Dann hielt Tony Brooks seine Zeit für gekommen und holte
auf. In der 8. Runde war er bis auf 8 Sekunden zu den beiden Führenden aufgeschlossen. Es gelang ihm zwar, in den Kurven an beiden vorbei zu gehen, aber auf der Geraden war der Vanwall den Ferrari
deutlich unterlegen und so kam es zu einem aufregenden Kampf dieser 3er-Gruppe. Endlich, in der 10. Runde gelang es dem verbissen kämpfenden Brooks, die Führung an sich zu reißen. In dieser Runde
versuchte dann Collins erneut an Brooks vorbei zu gehen. Ausgangs der Pflanzgartenkurve schoss er um Bruchteile von Sekunden zu schnell in die Kurve, streifte das Bankett und der Wagen wurde, sich
überschlagend, über den Zaun geschleudert. Die Rennfahrer waren damals noch nicht angeschnallt und so stürzte Peter Collins aus dem sich überschlagenden Rennwagen heraus. Der Streckensprecher
verkündete nur, dass der Wagen von Collins die Rennbahn verlassen hätte. Erst später erfuhr ich aus der Zeitung, dass dieser Unfall für den talentierten Peter Collins tödlich war.
Auch für Mike Hawthorn, der den Sturz von Peter Collins miterlebt hatte, gab es später einen Motorschaden, so dass die kleinen Mittelmotor-Cooper von Roy Salvadori und Maurice Trintingnant die Plätze
2 und 3 belegten. Vierter wurde, wie schon erwähnt, Graf Trips vor dem ersten Formel 2-Rennwagen mit Bruce McLaren auf Cooper, gefolgt von Edgar Barth auf dem Mittellenker Porsche Rennsportwagen.
Schlussbetrachtungen
Der Nürburgring hatte wieder mal gezeigt, dass hohe Anforderungen an das Material gestellt werden. Von den 25 gestarteten Fahrzeugen kamen nur 9 ins Ziel.
Nach diesem Rennen musste man Brooks zu den besten Grand-Prix-Fahrern der Welt zählen (Moss, Hawthorn und Brooks).
Bei dem Kampf um den Sieg hatte einer der besten Rennfahrer der Welt, Peter Collins, sein Leben gelassen.
Am Ende der Saison wurde Mike Hawthorn mit einem Punkt Vorsprung Weltmeister vor Stirling Moss. Vanwall gewann den erstmals ausgeschriebenen Pokal des Konstrukteur-Weltmeisters.
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