GP Deutschland vor 50 Jahren

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Webmaster Reinhold Zitzelsberger

Letzte Änderung

Donnerstag, 22. August 2013 

Vor 50 Jahren – GP von Deutschland –

Fangio gewinnt 1957 das denkwürdige Rennen

 

Der Große Preis von Deutschland kommt wieder zum Nürburgring zurück. Ende Juli werden Alonso, Hamilton, Schumi II und Heidfeld mit ihren Formel 1-Boliden am Start und Ziel sein. Erinnert werden soll an dieser Stelle an das denkwürdigste Formel 1-Rennen aller Zeiten auf dem Nürburgring, das vor 50 Jahren von Juan Manuel Fangio, dem fünfmaligen Weltmeister (nach Schumi I der Mann mit den meisten WM-Titeln), gewonnen wurde. Es war der letzte Sieg des damals schon 46jährigen Argentiniers.

Man war damals noch nicht so mobil wie heute – und als 15jähriger hatte ich auch kein Geld für eine Bahnfahrt von meinem Wohnort in der Lüneburger Heide nach Adenau zum Nürburgring. Also trampte ich. Man wurde damals noch gerne mitgenommen, wenn man mit einem Rucksack (Wehrmachtsrucksack, „Affe“ genannt) am Straßenrand stand. Geschlafen wurde in der Jugendherberge Nürburg, nicht  weit weg vom Fahrerlager. Und morgens schlich man sich, bevor die Wachtposten den Zugang bewachten, ins Fahrerlager. Man wurde natürlich irgendwann als „unerwünschte Person“ entdeckt und rausgeschmissen. Aber manchmal hatte auch der damalige Geschäftsführer Weber ein Einsehen mit den Jungen und es gab auch schon mal eine Zugangsberechtigung. Und es gab auch Autogramme: Ich habe sie noch in meiner Sammlung, angefangen von Edgar Barth über Juan Manuel Fangio bis hin zu dem Italiener Scalatti.

Fangio führte in der WM

Juan Manuel Fangio führte mit 3 Siegen (ein Ausfall) das Reglement souverän an. Es wurden damals nur 8 Rennen pro Weltmeisterschaft gefahren und pro Sieg gab es auch nur 8 Punkte.

Er fuhr 1957 den Maserati 250F, der hin und wieder mal im Nürburgring-Museum ausgestellt wird. Im Ferrari-Lager waren die jungen Engländer Mike Hawthorn (der oft mit Fliege fuhr) und Peter Collins (sehr talentiert, er wäre 1956 fast Weltmeister geworden) am Start. Neu waren die englischen Vanwall, die wunderschön aussahen und Stirling Moss (der ewige Vize-Weltmeister) hatte 2 Wochen vorher mit dem neuen Vanvall den Großen Preis von England in Aintree gewonnen. Damit überhaupt genug Rennwagen am Start waren, wurde das Formel 1-Feld noch  mit Formel 2-Rennwagen aufgefüllt und hier startete der aus der DDR „übergesiedelte“ Edgar Barth auf einem Formel 2-Rennwagen der Marke Porsche. Es handelte sich praktisch um einen „umdeklarierten“ Rennsportwagen des Typs 1.500RS. Die Revolution im Rennwagenbau zeichnete sich auch schon ab, der englische Garagist John Cooper war mit einem superleichten Mittelmotor-Rennwagen am Start, einmal in der Formel 2 mit einem 1,5 l Motor und in der Formel 1 mit einem auf 2 l aufgebohrten Climax-Motor. Als Cooper-Fahrer war immerhin der spätere Weltmeister und Rennwagenbauer Jack Brabham (Australien) am Start.

Bleibt noch zu erwähnen, dass der Stuttgarter Konditor Hans Herrmann mit einem privaten Maserati ebenfalls sehr schnell unterwegs war. Er hatte aber technische Probleme und fiel im Rennen aus.

Ungewöhnlicher Rennverlauf

Das Rennen ging in die Geschichte ein, weil es für damalige Verhältnisse einen ungewöhnlichen Verlauf nahm. Obgleich alle Rennen über 500 km gingen, war es seinerzeit nicht üblich, nachzutanken oder gar Reifen zu wechseln.

Und Fangio hatte ein Nachtanken vorgeplant, weil es sich im Training zeigte, dass der 2,5 l Maserati-Motor auf der Nordschleife sehr viel Sprit brauchte. Er plante eine Rennstrategie, die alle überraschte. Natürlich war diese Rennstrategie geheim. Man war erstaunt, dass Fangio in der zweiten Runde die Führung vor den Ferrari-Fahrern Collins und Hawthorn übernahm und sie stetig ausbaute. Warum fährt Fangio eigentlich so schnell, er hat das doch gar nicht nötig?

Ich zitiere aus meinem damaligen Tagebuch: „Über das schnelle Fahren des Weltmeisters wundere ich mich. Warum fährt er nicht verhalten und schont seine Maschine? Ein Vorsprung von 18,5 Sekunden würde ihm genügen, um ungefährdet zu siegen. Endlich! In der 7. Runde fuhr er nicht schneller. Sein Abstand zu Hawthorn war inzwischen auf 23 Sekunden angewachsen. Seine Verfolger fuhren auch langsamer, um ihre Maschinen zu schonen. Würde Fangio ausfallen, so könnten sie eventuell noch siegen.“.

Ich zitiere weiter: „Allmählich wurde es langweilig. Fangio fuhr vor dem übrigen Feld einem scheinbar klaren Sieg entgegen. Die Reihenfolge der übrigen Fahrzeuge änderte sich selten. Wegen der großen Länge der Rennstrecke (22,8 km) zog sich das Feld auseinander, so dass man oft Minuten lang keinen Rennwagen sehen konnte. Ich wünschte mir richtig den Ausfall oder ein Zurückfallen des Spitzenreiters, so dass der Kampf um den 1. Platz zwischen Hawthorn und Collins ausgetragen werden würde. Während Fangio die 10. Runde mit 9.29,5 Minuten beendete (neuer Rundenrekord) fuhr Jean Behra auf Maserati an die Boxen.“.

Ich hatte meinen Platz am Schwalbenschwanz und musste deshalb die Durchsage des Streckensprechers abhören, um mich über den weiteren Verlauf des Rennens zu informieren: „Wir warten hier am Start/Ziel auf Fangio. Jeden Moment muss er unten am Tiergarten auftauchen. Jetzt kommt er. Aber anstatt zu beschleunigen bremst er und fährt an die Boxen. Was wird er tun? Hat er von seinem Wagen zuviel gefordert? Wie ich sehe, wird getankt und die Reifen werden gewechselt. Fangio trinkt seelenruhig eine Coca Cola und setzt sich in seinen Wagen. Die Monteure sind schon mit allem fertig und warten auf ein Zeichen zum Anschieben. Fangio setzt sich noch die Brille auf und los geht’s in Richtung Südkehre. 64 Sekunden hat dieser Boxenaufenthalt gedauert.“.

Collins hatte Fangios Tankpause zu einer neuen Rekordrunde von 9.28,9 = 144,4 km/h genutzt; mit Hawthorn zusammen lag er jetzt 45 Sekunden vor dem Weltmeister. Die beiden Engländer jagten, was sie konnten und wechselten sich in der Führung ständig ab. In der 14. Runde hatten sie bereits einen Vorsprung von 48 Sekunden vor dem weit abgeschlagenen Fangio. Noch 8 Runden waren zu fahren – Fangio müsste pro Runde 6 Sekunden gut machen, um an die Spitzenreiter heran zu kommen. Schafft er das? Kann man gegenüber von zwei Weltklassefahrern auf Weltklassewagen überhaupt so etwas schaffen?

Aber plötzlich wurde Fangio „warm“. In der 15. Runde holte er 5 Sekunden auf, in der 16. Runde sogar 10 Sekunden. Er lag jetzt noch 33 Sekunden hinter dem führenden Hawthorn. In der 17. Runde reduzierte Fangio seinen Rückstand auf 26 Sekunden. Die beiden Engländer fuhren weiter schnell und übernahmen abwechselnd die Spitze.

Fast alle Zuschauer konzentrierten sich nur noch auf Fangio und die beiden Engländer. Ich glaube nicht, dass man auf dem Nürburgring jemals so ein Mitgehen der Zuschauer gesehen sind wie während Fangios Aufholjagd. Die Menschen schrieen, warfen, was sie in der Hand trugen in die Luft und sprangen und jubelten, wenn Fangio im roten Ferrari mit der Startnummer 1 auftauchte.

In der 20. Runde fuhr er die absolut unglaublichste Rundenzeit von 9:17,4 Minuten (147,8 km/h) und raste unmittelbar hinter Hawthorn und Collins an dem Zeitnehmerhaus vorbei. Nach dem Passieren der Südkehre schob er sich kurz vor der Nordkurve an Collins vorbei. Am Bergwerk kassierte er auch noch Hawthorn.

Er vergrößerte zum Start und Ziel seinen Vorsprung noch auf 2,8 Sekunden und beendete, obwohl er in der 22. und letzten Runde verhalten fuhr, mit einem Abstand von 3,5 Sekunden den 19. Großen Preis von Deutschland. Durch seinen Sieg wurde er zum 5. Male Weltmeister! Es war der letzte Sieg von Juan Manuel Fangio und wohl auch der außergewöhnlichste. Das Rennen am 4. August 1957 ist in die Geschichte des Nürburgrings und der Formel 1 eingegangen.

In langen Kolonnen strömten die Zuschauer nach dem Rennen in Richtung auf die Parkplätze und auf die verstopften Hauptstraßen. Es gab damals noch keine Autobahn A61 oder Autobahn von Koblenz nach Trier. Ich selbst erreichte per Anhalter spät abends die Jugendherberge in Bonn auf dem Venusberg und am nächsten Tag ging’s wieder in Richtung Lüneburger Heide, denn am Dienstag morgen fing die Schule wieder an.

 Klaus Ridder, Königswinter

1 Fangio Nordk-rz

2 Fahrerl

3 Hermann Maserati-rz

4 - HansHerrmann-rz

0

1

2

3

4 Herrmann Fahrerlager-rz

5 Lewis Evans-rz

6 Gespraech-rz

7Marsh-rz

4

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7

8 Autogramm-rz

9 -Klaus Ridder NuerBRing 19570002-rz

10 Der alte Ring

Artikel Koelner GA 2007-rz

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