F1 USA 2000

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Webmaster Reinhold Zitzelsberger

Letzte Änderung

Donnerstag, 22. August 2013 

           

Großer Preis der USA 2000

Ein Rennen der Superlative

 Schumi I gewinnt

(Anmerkung des Webmasters: Wenn Sie auf die Miniaturen im Text klicken, können Sie sich die Fotos in voller Größe “auf der Zunge zergehen” lassen.)

Es war ein Rennen der Superlative. Doppelsieg von Ferrari, 250.000(!) Zuschauer. Drei Deutsche zeitweise in Führung, davon zwei Schumis. Zwei Deutsche auf dem Treppchen. Dreimal wurde am Rennwochenende die deutsche Nationalhymne gespielt, was will man mehr?

Erstmals seit 9 Jahren wieder in den USA

Der 15. Grand Prix der Saison 2000 sollte nach langer Zeit (9 Jahre) mal wieder in den USA stattfinden und auch noch im Mekka des amerikanischen Motorsports in Indianapolis (Indiana). Zwei “Starrköpfe" hatten Sich arrangiert: Bernie Ecclestone, der Boss der Formel 1, und Toni George, Besitzer des fast 100 Jahre alte traditionellen IndySpeedway.

Ecclestone stellte Forderungen und George, der nach dem Weggang der Indycars von Indianapolis das Image seiner Rennstrecke aufpolieren musste, erfüllte sie uneingeschränkt. In dem Innenteil des 2,5 MeilenOvals, auf dem die traditionellen Indy 500 gefahren werden, wurde ein Teil der Rennstrecke mit zahlreichen langsamen Kurven neu aufgebaut, insgesamt betrug die Länge des neuen Kurses 4,195 km. Eine Hochgeschwindigkeitskurve des alten Ovals sowie die Start und Zielgerade wurden mit einbezogen. Weil Formel 1Rennwagen von rechts betankt werden, wurde sogar entgegen der traditionellen Fahrtrichtung der Indycars gefahren. Am Ende der etwa 1 km langen Geraden ging's scharf rechts ab in den Innenteil mit zahlreichen Kurven.

 

Vorlauf

Ich hatte beruflich in Chikago zu tun (Vorbereitung des weltgrößten Symposiums für die Beförderung radioaktiver Stoffe  PATRAM 2001) und nutzte die Gelegenheit, ind00m16.JPG (6KB)zum 200 Meilen entfernten IndySpeedway zu fahren. Abendstimmung. Hall of Fame, das wohl traditionellste Motorsportmuseum der Welt, war geschlossen. Mercedes und BMW bauten ihre Stände, wo Formel 1Rennwagen für die Zuschauer zu sehen waren und Fanartikel verkauft wurden, auf. Wir hatten einen Blick auf die riesengroßen, etwa 12 m hohen Tribünen.

Die neue Rennstrecke im Innenteil war versteckt hinter 5 m hohen Sicherheitszäunen. Das Fahrerlager mit den “PromiZelten" war schon hermetisch abgeriegelt und nur über eine Chipkarte zugänglich. Selbst die Blickkontakte in das Fahrerlager wurden durch Planen verdeckt. Europäische Perfektion in Amerika!

Man rechnete mit 250.000 Zuschauern, etwa 300.000 Zuschauer passen in das “Motorsportstadion" hinein, wenn die Indy 500 gefahren werden.

 

Training

Die Formel 1Rennfahrer konnten es am Freitag Vormittag kaum abwarten, auf der neuen Rennstrecke zu fahren. Kurz vor 10.00 Uhr entstand ein Stau in der Boxengasse. Wir hatten einen super Platz ergattert mit Blick auf die Boxengasse und auf die lange Gerade.

Keiner der Rennfahrer hatte bisher den Kurs mit einem Formel 1Rennwagen befahren. Computersimulationen hatten die Teams zur Wahl der entsprechenden Getriebeeinstellung sowie zur Reifenwahl und Einstellung der Flügel geführt.

Als erster ging Heinz Harald Frentzen mit seinem Jordan auf die Strecke. Nach einer 3/4 Runde bog er in die Boxengasse ein. Die erste Runde war für ihn und weitere Teams ein reiner Funktionstest.

Schumi I ließ es sich nicht nehmen, die erste volle Runde zu fahren und somit den ersten “Rundenrekord" für die neue Formel 1Rennstrecke aufzustellen. Während die anderen Teams ihre Fahrzeuge durchcheckten, drehte Schumi I weitere Runden. Es war schon faszinierend, wie er mit Vollgas die lange Gerade hinunterfuhr, um dann abrupt an der ersten Rechtskurve, die ins Innenteil führte, abzubremsen.

Es war, wie später immer wieder betont wurde, schwierig, sich auf den Streckenverlauf einzustellen. Für die lange Gerade benötigte man flache Flügel, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Die erste Steilkurve (Turn 1 nach alter Ordnung) konnte mit Vollgas genommen werden. Der Innenteil hingegen war verflucht langsam, die langsamste Kurve ließ weniger als 70 km/h zu. Für den Innenteil waren also steile Flügel gefragt. Wie sollte man das Fahrzeug einstellen? Alle Teams experimentierten mehr oder weniger mit Reifen, Flügeleinstellungen und dergleichen. Coulthard war am schnellsten mit einer Zeit von 1.14 Sekunden  eine Zeit, die unterhalb des errechneten Rundendurchschnitts lag. Michael Schumacher war mit nur 4 Zehntel Sekunden langsamer und somit Dritter. Am Samstag morgen und im Training war Schumi I Herr der Lage, er qualifizierte sich mit 1.14,266 Minuten in die “poleposition". ind00m10.JPG (4KB)Ein Trick verhalf ihm zu dieser schnellen Runde: Ross Brown ließ beide Ferraris zusammen aus der Box fahren, Barrichello zuerst, Schumi im Windschatten seines Kollegen. Barrichello vor Schumi, so kamen sie über die Start und Zielgerade angeflogen. Aus dem Windschatten heraus überholte Schumi Barrichello, um somit eine etwas höhere Topspeed am Ende der Geraden zu bekommen. Der Trick ging auf, Schumi war Trainingsschnellster.

Wenige Minuten später machten die beiden McLarenMercedesFahrer Häkkinen und Coulthard den gleichen Trick nach, er verhalf Coulthard in die zweite Startposition. Es folgten Häkkinen, Barrichello (Ferrari) und Trulli (Jordan).

Wir beobachteten das Training von der Haupttribüne gegenüber der Ferraribox aus und konnten das Trainingsduell Ferrari gegen Mercedes über eine riesengroße Leinwand mit verfolgen. Die anderen deutschen Fahrer belegten beim Qualifying folgende Positionen: 7. HeinzHarald Frentzen (Jordan), 10. Ralf Schumacher (BMWWilliams), 15. Nick Heidfeld (Prost). Insbesondere Nick Heidfeld machte beim Training und auch beim Qualifying mit seinem unterlegenen Prost eine gute Figur.

 

Rahmenprogramm

Das Rahmenprogramm zum ind00m18.JPG (6KB)Großen Preis der USA war vom allerfeinsten. Porsche Pirelli CupRennen, historische Rennwagen der 60er, 70er und 80er Jahre, Ferrari Challenge Cup sowie eine große Musikparade mit etwa 150 aktiven Musikern.

Die Anfahrt zum IndySpeedway war nicht unproblematisch, Stau auf den Highways bereits vor Indianapolis. Den Mietwagen stellte ich auf einem Privatgelände eines Amerikaners ab, der sich mit Vermietung von Parkplätzen in seinem Garten “einen Dollar" nebenbei verdiente. Die Preise lagen zwischen 10 und 30 Dollar von Freitag bis Sonntag. Auf riesengroßen Parkplätzen standen über 100.000 Pkw.

Die Eintrittspreise konnten sich im Vergleich zum ind00m12.JPG (6KB)europäischen Niveau sehen lassen (trotz des hohen Dollarkurses von 2,37 DM): Freitags und Samstagstraining zusammen 25 Dollar, die Karte auf der Haupttribüne gegenüber Start und Ziel mit Sicht auf die Boxen 150 Dollar. Bei 250.000 Zuschauern ging die Rechnung für alle trotzdem auf.

Es regnete am Samstag morgen in Strömen, ind00m11.JPG (11KB)gleichwohl wurde das Rahmenprogramm durchgezogen. Für die Amerikaner war es überraschend, dass auch bei Regen das Rennen stattfinden sollte. Man muss hierzu sagen, dass die Indy 500 bei Regen nicht gefahren werden.

 

Das Rennen

Die Strecke war im Innenteil noch sehr nass, das merkten die Fahrer spätestens bei den Einführungsrunden vor der Startaufstellung. Schumi I kam sehr spät aus der Box, drehte drei Runden, um sich dann in der Startaufstellung auf den 1. Platz aufzustellen. Vor uns standen die Hinterbänkler, angefangen mit Nick Heidfeld auf dem 12. Platz bis hin zu den beiden Minardis mit Mazzacane und Gene auf den letzten beiden Plätzen.

Einige Teams wechselten während der Startaufstellung noch ihre Reifen, der überwiegende Teil setzte auf Regenreifen.

Beim Start fuhr David Coulthard etwas zu früh Ios und “ergaunerte" sich dadurch die Führung. Schumi I folgte. Schumi saugte sich in der 6. Runde dann aber auf der Zielgeraden im Windschatten von Coulthard an und wollte überholen. Der versuchte, die Attacke zunächst abzublocken. In der 7. Runde gelang es Schumi aber, am Ende der Zielgeraden aus dem Windschatten heraus außen herum Coulthard zu überholen. Beide quetschten sich durch die erste Rechtskurve und Schumi hatte dadurch, dass er links von Coulthard fuhr, den Vorteil für die dann folgende Linkskurve und schob sich so an ihm vorbei; das war schon Millimeterarbeit. Coulthard ließ bei dieser Gelegenheit auch noch Häkkinen passieren.

Coulthard wurde für seinen Frühstart bestraft und musste in der 8. Runde eine Stop and GoStrafe absitzen. Beim Herausfahren aus der Boxengasse befand er sich im letzten Teil des Fahrerfeldes. In der nächsten Runde folgte für ihn Reifenwechsel von Regen- auf Trockenreifen. Schumi I blieb noch draußen, dicht gefolgt von Häkkinen.

Für Häkkinen kam in der 26. Runde das “Aus": Motorschaden. ind00m14.JPG (6KB)Wir können das alles von unserem Platz gegenüber der Boxengasse gut beobachten. Feuerwehrleute löschen den Brand am Motor, Häkkinen stieg aus und wird von Ron Dennis getröstet. Die SchumiFans freuen sich! Schumi dreht seine Runden weiter und irgendwann lautete, bedingt durch die ständigen Reifenwechsel sowie Überrundungen, die Reihenfolge Schumi I, Schumi II und HeinzHarald Frentzen. Drei Deutsche also in Führung!

Nick Heidfeld fuhr im Bereich der Plätze 12 bis 16 und konnte seinen Teamkollegen Jean Alesi hinter sich lassen. Allerdings musste er, bedingt durch einen Fahrfehler, Alesi später passiind00M20.JPG (7KB)eren lassen. David Coulthard holt ständig auf und verbessert sich wieder auf den 5. Platz. Er fuhr die schnellste Rennrunde. Irgendwann bekam Ralf Schumacher Probleme mit der Ventilsteuerung: die pneumatisch gesteuerten Ventile hatten “Luftprobleme" und jeweils nach 10 Runden musste Luft nachgefüllt werden. Ralf gab dann bei seinem 5. Boxenstopp in Runde 60 auf. Barrichello hatte sich beim Boxenstopp vonind00m19.JPG (7KB) HeinzHarald Frentzen an diesem vorbei gemogelt. Jacques Villeneuve auf dem 4. Platz griff HeinzHarald Frentzen am Ende der Geraden an; das harte Bremsmanöver zwang ihn aber ins Aus zu fahren. Noch eine Schrecksekunde erlebten wir amind00m17.JPG (6KB) Bildschirm. In der 69. Runde drehte sich Schumi und verlor dabei seinen großen Vorsprung, er blieb aber vor seinem Teamkollegen Barrichello in Führung.

Nach Runde 73 wurde Schumi I als Sieger abgewunken,ind00m15.JPG (4KB) riesengroße Begeisterung. Schumi hatte als erster ein Formel 1Rennen auf der traditionellen Indyspeedway in Indianapolis gewonnen.

Die FerrariMonteure einschließlich Rennleiter Jean Todt und Stratege Ross Brown laufen zur Zielgeraden, um ihren Star zu feiern.

Amerika ist vom ersten Formel 1Rennen seit 9 Jahren begeistert!

 

Resümée

Es war ein Rennen der Superlative, wenn man SchumiFan ist. Der Ausfall von Ralf Schumacher ist zu bedauern, hätte er doch zusammen mit HeinzHarald Frentzen auf dem Treppchen stehen können.

Nick Heidfeld hat ein für seine Verhältnisse gutes Rennen gefahren und wurde letztendlich noch 9.

Die erwarteten großen Motorschäden (Ausnahmen Häkkinen, Alesi und Irvine) blieben aus. Reifenschäden hat es auch nicht gegeben  und diese hatte man an sich erwartet.

Abends Kritik vom regionalen Fernsehsender in Indianapolis. Bernie Ecclestone hatte sich als Formel 1Boss gegenüber der lokalen Presse mehr als schäbig benommen: Bei einer Pressekonferenz bekam er kaum die Zähne auseinander und ließ unmissverständlich wissen, dass er der Formel 1Boss sei. Zugelassen wurden für die lokalen Fernsehteams auch keine Aufnahmen auf der Rennstrecke, man sollte die von Ecclestone erstellten Fernsehaufnahmen gegen teures Geld abkaufen. Die Fernsehteams weigerten sich und machten stattdessen nur Interviews außerhalb der Rennstrecke. Trotz Olympiade in Sydney gab es abends eine Zusammenfassung in einem großen amerikanischen Fernsehsender, die fachlich sehr gut gemacht war.

 

Schumi I hatte in Indianapolis Geschichte geschrieben, er hatte das erste Formel 1Rennen auf diesem fast 100 Jahre alten Rundkurs von Indianapolis gewonnen!

 

Bleibt noch nachzutragen, dass der PorschePirelliCup von zwei deutschen Fahrern (Mayländer und Bergreuter) gewonnen wurde, so dass es insgesamt drei mal die deutsche Nationalhymne zu hören gab.

 

Motorsport/Großer Preis der USA-Klaus Ridder