Großer Preis von Europa 2003
- Die Geschichte wiederholt sich -
1956, ich war zum ersten Mal am Nürburgring, wurde ich aus dem Fahrerlager
„hinausgeworfen“, weil ich kein Ticket hatte und mich praktisch ins Fahrerlager geschlichen hatte. Alles hat sich 2003 wiederholt – diesmal wurde ich aus dem piekfeinen Paddock-Club
„entfernt“.
Zur Geschichte sei noch erwähnt, dass ich von einem guten Bekannten ein
„gebrauchtes“ Ticket bekommen hatte, mit dem ich den Paddock-Club besuchen durfte. Aber ich erschien dort in meiner „Fan-Kleidung“, die außerhalb des Paddock-Clubs halt die richtige
Kleidung ist. Nur im Paddock-Club erscheint man „piekfein“ und diesen Ansprüchen konnte ich halt nicht genügen. Kleider machen Leute und so fiel ich nach etwa 10 Minuten auf und wurde über die
Herkunft meines Tickets gefragt. Irgendwie muss ich da wohl doch falsche Auskünfte erteilt haben, so dass man mich ertappte und ich den Paddock-Club verlassen musste.
Aber ich habe mal gesehen, wie man dort oben oberhalb der Boxengasse Grand Prix-Rennen erlebt.
Sicher bekommt man von dem Rennen wenig mit. Dafür gibt es einen großen Bildschirm, eine Champagnerbar und sonstige Köstlichkeiten zu essen.
Übrigens mein Bekannter, der die Paddock-Club-Karte legal erworben hatte, zog es ebenfalls vor,
draußen eine normale „Nürburgring-Bratwurst“ zu essen.
Training bei unterschiedlichen Wetterverhältnissen 4 Wochen hatten wir nur
allerbestes Wetter gehabt, allenfalls mal ein Gewitter. So sollte gemäß Wettervorhersage eigentlich auch der Große Preis von Europa stattfinden. Es kam aber alles anders, zumindestens im Training am
Freitag.
Am Freitag morgen allerbestes Wetter und beim freien Training der Rennteams, die sich für das
Training vor den Grand Prix entschlossen hatten, fand bei trockenem Wetter statt. Die Teams Minardi, Jaguar, Renault und Jordan drehten mit den Ersatzfahrern für 2 Stunden ihre Runden. Zum Reglement
sei noch mal gesagt, dass bestimmte Teams, die nicht außerhalb der Rennen trainieren, eine Möglichkeit haben, vor dem Rennen auf der jeweiligen Rennstrecke zu trainieren. Das spart Geld! Gleichwohl
ist es für die Zuschauer natürlich langweilig, wenn man fast 2 Stunden lang nur 8 Fahrzeuge um die Rennstrecke herum fahren sieht.
Um Punkt 11.00 Uhr kamen die übrigen Rennwagen auf die Strecke und auf einmal wurde es
ordentlich munter.
Überraschenderweise war Olivier Panis mit dem Toyota am schnellsten! Aber letztendlich zählt in
diesem freien Zeittraining die Zeit nicht. Es kommt vielmehr darauf an, bei dem ersten Qualifying, das um 14.00 Uhr stattfand, eine gute Position zu bekommen.
Ich hatte eine Karte für die Mercedes-Tribüne mit einer fantastischen Sicht auf die gesamte
2002 fertig gestellte Mercedes-Arena. Highlight dieses Platzes ist es, die Rennwagen mit fast 300 km/h von Start und Ziel ankommen zu sehen. Sie bremsen dann auf etwa 90 km/h herunter, um dann
die Haarnadelkurve (sog. „Haug-Bogen“) und die Mercedes-Arena zu durchfahren.
So manch einer findet nicht den richtigen Bremspunkt und sobald die Reifen qualmen, kann man
als Zuschauer davon ausgehen, dass er außerhalb der Rennstrecke landet oder sich sogar dreht.
Ich musste für mein Buch „Nürburgring – 50 Jahre live dabei“ noch 2 Aufnahmen
machen. Ich hatte die Gelegenheit, viele schöne Fotos zu schießen.
Das Wetter änderte sich
Der Nürburgring ist dafür bekannt, dass unterschiedliche
Witterungsverhältnisse herrschen. Besonders schlimm war es auf dem 22 km langen alten Ring, hier kam es durchaus vor, dass oben bei Start und Ziel die Sonne schien, es in Breitscheid regnete und am
Karussel sogar hagelte. Diesmal war auf der Grand Prix-Strecke plötzlich der Hatzenbachbogen so überflutet, dass die Fahrzeuge Probleme mit dem Aquaplaning hatten.
Die Topteams waren beim Einsetzen des Regens schon durch, als erster ging Michael Schumacher
auf die Strecke und legte eine fantastische Zeit hin. Der darauf folgende Kimi Räikkönen übertraf die Schumi-Zeit. Weitere schnelle Fahrer waren dann JM Montoya und Ralf Schumacher. Erst an 5. Stelle
der zweite Ferrari mit Rubens Barrichello, gefolgt von David Coulthard. Nachdem etwa 10 Fahrzeuge durch waren, fing es sintflutartig an zu regnen. Villeneuve, der noch mit trockenen Reifen starten
musste, drehte sich in der Dunlopkurve von der Strecke. Sein BAR-Rennwagen wurde mit einem Transporter zurück gebracht.
Das Training wurde unterbrochen. Als erster ging Nick Heidfeld dann mit Regenreifen auf die
Strecke und fuhr neue „Regenbestzeit“. Seine Zeit sollte nicht mehr unterboten werden. Gleichwohl wurde er nur 13.
Training und Qualifikation am Samstag
Nach den neuen Regeln startet im Qualifying für die Startaufstellung am
Samstag derjenige, der beim Training am Freitag Letzter war, als Erster. Er findet natürlich keine optimalen Bedingungen vor, weil der sog. Gripp auf der Strecke fehlt. Villeneuve, der ja am Freitag
bei einsetzendem Regen rausgeflogen war, startete als Erster. Zweiter war Cristiano da Matta, der am Freitag bei Regen ebenfalls rausgeflogen war.
Übrigens hatte beim freien Training am Samstag morgen Panis seine starke Leistung vom freien
Training am Samstag wiederholt, er war auf seinem Toyota Schnellster vor Ralf Schumacher.
Villeneuve hatte wohl nicht seinen besten Tag, er qualifizierte sich lediglich für den 16.
Startplatz. Besser war da Matta, der sich immerhin auf den 10. Startplatz vorfuhr.
Spannend wurde es aber bei den letzten fünf Fahrern, zunächst legte Ralf Schumacher
(BMW-Williams) seine Superzeit hin, sie wurde auch nicht von seinem Stallkollegen Montoya unterboten. Barrichello reihte sich in der vorläufigen Startaufstellung auf den 3. Platz ein. Es waren aber
noch Michael Schumacher und Räikkönen am Start. Wir erinnern uns daran, dass am Freitag Räikkönen Michael Schumacher praktisch in letzter Sekunde die Freitagspole weggenommen hatte. Michael unterbot
knapp die Zeit von Ralf Schumacher und war somit vorläufiger Erster – bis Kimi Räikkönen als letzter in die Qualifikationsrunde ging. Er machte das Wunder wahr und unterbot die Zeit von Michael
Schumacher noch um 32 Tausendstel, obgleich er in keinem Abschnitt (es wurden insgesamt 3 Zwischenabschnitte gemessen) Schnellster war. Man konnte Norbert Haug auf dem Kommandostand erkennen, wie er
mit den Fäusten vor Freude auf die Armaturen klopfte.
Man erkannte bei der Startaufstellung klar, dass die Michelinreifen Vorteile vor den
Bridgestonereifen hatten. Nur die Ferraris mit Michael Schumacher und Rubens Barrichello konnten sich mit ihren Bridgestonereifen unter die ersten 11 Fahrzeuge qualifizieren.
Nick Heidfeld erreichte keine Zeit, weil an seinem Fahrzeug in der Rekordzeit von 25 Minuten
der Motor gewechselt worden war. In dieser Rekordzeit war natürlich keine qualitativ hochwertige Arbeit möglich. So kam es, dass beim Anbremsen der Haarnadelkurve das Gas stehen blieb und Heidfeld
beim Anbremsen von der Strecke flog. Aus! Heidfeld startete im Rennen aus der Boxengasse – was, wie sich später zeigte, nicht unbedingt von Nachteil sein sollte. Er konnte so mit vollem Tank
starten und legte nur zwei Boxenstopps ein (Frentzen stoppte dreimal).
Also die ersten pole position für Kimi Räikkönen.
Bleibt noch zu erwähnen, dass am Samstag BMW und Williams den Vertrag zur Zusammenarbeit bis
2009 verlängerten.
Schumi II gewinnt
Nach dem neuen Reglement dürfen nach dem Qualifying die Rennwagen nicht
mehr „angepackt“ werden. Sie werden, so wie sie das Qualifying absolviert haben, zum Start aufgestellt. Es gibt morgens zum Leidwesen der Zuschauer um 9.30 Uhr auch nicht mehr das warm up.
Gewonnen haben bei dieser Neuregelung die Mechaniker, sie sind praktisch von Samstag Nachmittag bis kurz vor Rennbeginn „arbeitslos“.
Michael Schumacher war also Zweiter, er wäre lieber, wie er in der Pressekonferenz sagte,
Dritter geworden, weil auf der Spur hinter dem Trainingsschnellsten die Strecke sauberer ist.
Den Start gewann ganz klar Kimi Räikkönen, aber auch Ralf Schumacher zog auf der linken
(saubereren) Piste an seinem Bruder Michael vorbei. Rubens Barrichello machte einen Platz gut und überholte J.M. Montoya. Diese Reihenfolge wurde einige Runden beibehalten. Kimi Räikkönen fuhr einen
kleinen Vorsprung heraus, es sah so aus, dass Michael Schumacher von Ralf Schumacher aufgehalten wurde. Aber Überholen ist ja mit den modernen Rennwagen so gut wie nicht möglich – es sei denn,
man heißt J.M. Montoya. Aber dazu später mehr.
Kimi Räikkönen lag auch nach dem ersten Stopp klar vorne – bis er in der 26. Runde mit
einem Motorschaden ausfiel. Ralf Schumacher führt vor Michael Schumacher. Dritter war Rubens Barrichello. Beim zweiten Boxenstopp überholt Montoya Barrichello und war somit Dritter. Er holt gewaltig
gegenüber Michael Schumacher auf. In der Dunlop-Kehre wagt er es sogar, außen Michael zu überholen. Beide Fahrzeuge berühren sich und Michael landet im Kiesbett. Er winkte mit Gesten die
Streckenposten heran, dass die ihn auf die Strecke zurück schieben. Das gelingt. Schumacher war Fünfter und behielt diesen Platz.
Er holte noch gegenüber Alonso auf, konnte ihn aber nicht mehr überholen.
Die Reihenfolge im Ziel:
1. Ralf Schumacher (BMW-Williams)
2. J.M. Montoya (BMW-Williams)
3. Rubens Barrichello (Ferrari)
4. Fernando Alonso (Renault)
5. Michael Schumacher (Ferrari)
6. Marc Webber (Jaguar).
Nick Heidfeld profitierte von einem Unfall von David Coulthard, der in der Schikane auf den vor
ihm fahrenden Alonso fast aufgefahren wäre, nach rechts auswich und mit fast 300 km/h geradeaus fuhr. Wie durch ein Wunder kam es nicht zu einem Überschlag, so dass Coulthard diesen
spektakulären Unfall ohne Blessuren überstand.
Doppelsieg für BMW-Williams – Ferrari war geschlagen. Gleichwohl hatte durch den Ausfall
von Kimi Räikkönen Michael Schumacher den Stand in der Weltmeisterschaft um 4 Punkte weiter ausgebaut, er führt nunmehr mit 58 Punkten vor Räikkönen (51) und Ralf Schumacher (42). Die
Weltmeisterschaft ist also spannend geblieben.
Resümee
Die Weltmeisterschaft 2003 ist spannend. 9 Rennen wurden bisher
gefahren und es hat fünf verschiedene Sieger gegeben (Coulthard, Räikkönen, Ralf Schumacher, Montoya und Michael Schumacher). Was will man mehr?
Aber die Zuschauerzahlen bei den Grand Prix-Rennen geht trotz der großen Spannung zurück, die
Wirtschaftslage ist nicht mehr so gut, so dass die teuren Tickets auch nicht mehr so leicht verkauft werden können.
Die Formel 1 muss geändert werden. Bernie Ecclestone hat sie aufgebaut zu dem was sie heute ist
– aber auf die Dauer wird sie so nicht bestehen können!
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