Le Mans
- Das „Mekka“ für jeden Motorsportler -
Katholiken fahren nach Lourdes, Mohammedaner nach Mekka und Motorsportler müssten einmal im
Leben nach Le Mans fahren! Ich selbst habe fast 50 Jahre gebraucht, um nach Le Mans zu kommen. Ich habe noch in Erinnerung die schreckliche Katastrophe im Jahr 1955, wo mehr als 80 Menschen durch
einen Unfall getötet wurden. Ich habe aus jüngster Zeit natürlich in Erinnerung die Siege von Audi in den letzten 3 Jahren. Natürlich sind mir auch die großen Zeiten der Porsche-Ära in Le Mans
bekannt.
Ich schreibe derzeit ein neues Buch über Motorsport und da darf natürlich
ein Beitrag zum Thema „Le Mans“ nicht fehlen.
Le Mans – das besondere Etwas!
Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans zählt nicht zu einer internationalen Meisterschaft.
Gleichwohl ist es natürlich das Rennen, was in der internationalen Automobilwelt zählt. Ein Gesamtsieg, ein Klassensieg oder allein die Teilnahme rechtfertigen schon einen Prestigegewinn. 24 Stunden
Vollgas. 24 Stunden mit einem Schnitt um die 200 km/h. 24 Stunden volle Motorleistung. 24 Stunden volle Konzentration der Fahrer. Eine besondere Herausforderung auch noch zu Beginn des neuen
Jahrtausends!
Le Mans hat Tradition, Le Mans hat Charisma und Le Mans ist einfach ein Highlight innerhalb der
vielen Motorsportveranstaltungen, die wir heute haben.
200.000 Zuschauer, die durchweg 24 Stunden an der Rennstrecke bleiben. Eine
Motorsportveranstaltung, die insgesamt eine Woche dauert. Wer in Le Mans fahren will, muss sich bei einem Training, das einige Woche vor dem eigentlichen Start stattfindet, qualifizieren. Le Mans
beginnt praktisch schon mit dem Training am Mittwoch. Weitere Trainingseinheiten folgen am Donnerstag Abend. Der Freitag ist praktisch frei – aber für die vielen Tausende von Zuschauern, die
von weither angereist sind, gibt es gleichwohl den ganzen Tag Action. Das fängt damit an, dass man vormittags einen sogenannten Boxenwalk mit der normalen Eintrittskarte machen kann. Die Teams haben
ihre Rennfahrzeuge publikumswirksam aufgebaut. Einige Teams haben ihre Fahrer abgestellt, um den Fans Autogramme zu geben. Allerdings muss man hier etwas einschränken – die Spitzenteams hatten
es nicht nötig, ihre Fahrer den Fans zu präsentieren.
Nachmittags dann der Höhepunkt inmitten der alten Stadt Le Mans. Ein Korso mit Rennwagen,
Oldtimern, Tanzgruppen und den Fahrern bewegt sich durch die Stadt. 100.000 Zuschauer säumen die Fahrstrecke. Die Rennfahrer sitzen auf wunderschönen alten Autos und die Zuschauer können die
Rennfahrerstars aus wenigen Metern Entfernung sehen. Gestartet wird alles auf dem Marktplatz südlich der Kathedrale. Hier werden die Fahrer vorgestellt, die Fahrer geben selbst Interviews und werden
dann auf die Reise durch die Stadt geschickt.
Hin und wieder wirken Musikkapellen, Sambagruppen, Tanzgruppen oder sogar schottische
Dudelsackpfeifer mit. Man präsentiert die Rennfahrer, exotischen Fahrzeuge oder auch besondere Fahrzeugmarken. Ein Motorradfahrer auf „uralten“ Harley Davidson Maschinen kündigen die jeweiligen
Gruppen an. Eine super Schau, die fast 3 Stunden dauert. Alle haben Spaß – insbesondere machen auch die Herren Rennfahrer voll mit.
Viel Drumherum in Le Mans
Le Mans ist halt ein Kult. Man wird schnell erkennen, dass das Rennen
nur so eine Art Nebensache ist. Riesenrad, Bungeespringen, Karrussel, Fressbuden und tolle Restaurants, Angebote von Motorsportartikeln, Angebote von Büchern, ... Praktisch ein riesengroßer Markt,
durch den eine Rennstrecke führt.
Um es vorweg zu nehmen, der Rummel um das 24-Stunden-Rennen in Le Mans dauert länger als 24
Stunden. Viele Fans reisen schon am Dienstag an, um Le Mans dann am Montag nach dem Rennen zu verlassen.
Insbesondere war auf den Campingplätzen zu erkennen, dass überwiegend alles in
„britischer“ Hand war.
Die edelsten Fahrzeuge auf den Campingplätzen. Die schönen Fahrzeuge waren nicht nur auf der
Rennstrecke, sondern auch auf den Campingplätzen um den 13,4 km langen Kurs aufgebaut. Wo kann man sonst erleben, dass ein Ferrari-Fahrer in einem Zelt übernachtet.
Etwas Geschichte
Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans hat Tradition. Es wurde 1923 erstmals
durchgeführt. 33 Fahrzeuge waren damals am Start.
1926 fuhr der Sieger erstmals einen Schnitt von über 100 km/h. 1927 gewann erstmals ein
Bentley. Rennpause während des Zweiten Weltkrieges von 1940 bis 1948. Luigi Chinetti, der spätere Ferrari-Rennleiter, gewinnt auf Ferrari. 1952 gewinnt Mercedes mit Hermann Lang und Fritz Riess.
1955 ein Jahr, das man eigentlich vergessen sollte. Es kommt zu einer Kollision zwischen dem
späteren Sieger Mike Hawthorn und Pierre Levegh. Das Auto von Levegh steigt auf, explodiert und tötet 82 Zuschauer. Mercedes zieht alle Rennwagen zurück und macht auch mit dem Rennsport am Ende des
Jahres 1955 Schluss.
1970 gewinnt erstmals ein Porsche mit Hans Hermann und Dick Attwood.
Die Rennstrecke wird mehrfach durch Schikanen langsamer gemacht. Ab 2000 gewinnen die Audis
3mal hintereinander.
Automuseum
Ein Journalistenkollege und ich waren am Donnerstag Abend angereist.
Wir hatten vor, bis Montag zu bleiben. Selbst wenn man begeistert an der Sache ist, kann man nicht 3 Tage ununterbrochen an der Rennstrecke stehen. Eine Alternative ist das Rennsportmuseum, oberhalb
von Start und Ziel gelegen. Für 4 € Eintritt (ermäßigte Gebühr bei Vorlage eines Tickets) kann man hier uralte Automobile, teilweise aus dem vorvorherigen Jahrhundert sehen. Uns interessierten
natürlich die Rennfahrzeuge der letzten Jahre. Durchweg sind hier die Siegerwagen zu sehen, u.a. natürlich die Marken Peugeot, Porsche, Mazda, Jaguar, Audi, usw.
Dadurch, dass man vor Jahren eine verkürzte Rennstrecke gebaut hat, die modernen Anforderungen
an Motorsportwettbewerbe erfüllt, werden in Le Mans mittlerweile auch Kurzstreckenrennen durchgeführt, sogar ein Grand Prix von Frankreich wurde 19... auf dem kleinen Bugatti-Kurs ausgetragen. Der
verkürzte Kurs nutzt die großen Tribünen, ist aber nur 4,4 km lang. Insbesondere werden hier auch Motorradrennen, z.B. der Große Preis von Frankreich für Motorräder, durchgeführt. Entsprechend sind
auch in dem Museum Rennmaschinen zu sehen.
Das besondere an dem Museum war meines Erachtens eine Show von Modellen aller Siegerfahrzeuge.
Jedes Siegerfahrzeug hat man miniaturmäßig nachgebaut. Man sieht hier beispielsweise auch die Mercedes-Rennsportwagen, die 1952 das Rennen in Le Mans gewonnen haben.
Die Startzeremonie
Das Rennen wird Samstag Nachmittag um 16.00 Uhr gestartet. Die
Startzeremonie beginnt praktisch schon um 12.00 Uhr. Wir hatten auf der Tribüne oberhalb der Boxen einen Platz reserviert (es ist schwierig, für die recht zahlreichen Tribünen überhaupt noch Plätze
zu bekommen). Wir hatten so einen guten Überblick auf den Start. Es wurden die Nationalhymnen der einzelnen Staaten, die Fahrzeuge entsandt hatten, abgespielt. Ehemalige Le Mans-Sieger, wie
beispielsweise Phil Hill, Jacky Ickx, Derek Bell und Paul Frere wurden interviewt. Es gab auch Interviews einzelner Teams.
Es war glühend heiß, so dass die Rennfahrer sich mit „Sonnenschirmen“ schützten. Etwa
32 °Grad war es wohl warm.
Trainingsschnellste waren zwei Bentleys, gefolgt von drei Audis. An sechster Stelle ein
Dom-Judd, gefahren von dem früheren Le Mans-Sieger Jan Lammers (NL).
Vor dem eigentlichen Start durften die Rennfahrzeuge, wie in der Formel 1 auch bisher üblich,
eine „Proberunde“ drehen. Sie durften auch mehrere Runden fahren, dann musste allerdings die Durchfahrt durch die Boxengasse benutzt werden.
Kurz vor 16.00 Uhr gings auf die Reise. Die Meute musste eine Runde hinter dem Safetycar
fahren. Vor Erreichen der Start- und Zielgeraden scherte das Safetycar aus. Die Fahrzeuge beschleunigten. Es war nicht gestattet, vor der Startlinie schon zu überholen. Die beiden Bentleys waren die
ersten, die nach der Start- und Zielgeraden oben im Dunlop-Bogen verschwanden, gefolgt von den drei Audis.
An der Reihenfolge änderte sich im Laufe der 24 Stunden grundsätzlich nichts! Allerdings ist zu
bemerken, dass der Audi, gefahren von dem dreimaligen Le Mans-Sieger Frank Biela, in der 29. Runde aufgrund eines Spritmangels ausschied. Biela erklärte hierzu, dass er ursprünglich vorhatte, in die
Boxengasse einzubiegen. Er wurde aber behindert von einem Panoz. Dadurch musste er eine weitere Runde fahren. Für diese weitere Runde reichte der Sprit nicht.
Das Rennen ging in die Nacht. Die Bentleys zogen weiterhin ihre Runden, ohne ernsthaft von den
Audis angegriffen werden zu können. Es gab zwei Gelbphasen, weil es doch Fahrzeugen gelungen war, die Piste zu verlassen. Es musste ein Safetycar auf die Bahn, damit die Trümmer beseitigt werden
konnten.
Auffallend die vielen Boxenstopps, das mag aber daran liegen, dass der Tankinhalt begrenzt ist
(max. 100 Liter – je nach Fahrzeugkategorie) und deshalb die Fahrzeuge öfters tanken mussten.
Interessant noch zu beobachten, dass die vielen Zuschauer in der ersten Stunde vollzählig an
der Piste und auf den Tribünen waren, danach sich aber in den Vergnügungsparks bewegten.
Rennen ohne Höhepunkte
In der Nacht hatte es einige Ausfälle, einige auch bedingt durch
Unfälle, gegeben. Gleichwohl zogen morgens die Bentleys und Audis ihre weiteren Runden. Keine Änderung im Klassement. Bei den Grand Tourisme-Fahrzeugen führte ein Ferrari Maranello. In der kleinen
Gruppe ein Porsche 911 GT3.
Irgendwie waren die Positionen festgefahren, allerdings gab es Verschiebungen durch Ausfälle.
Der Dom-Judd, gefahren von dem Team Jan Lammers, war durch einen technischen Defekt sehr weit zurück gefallen. Er holte in den letzten Stunden enorm auf und belegte immerhin noch den 6. Platz im
Gesamtklassement.
Sieger wurden die beiden Bentleys gefolgt von zwei Audis sowie an fünfter Stelle ein Panoz.
Das besondere Etwas
Das besondere Etwas an Le Mans ist halt die traditionsreiche
Rennstrecke. Sie hat zwar im Verlauf der Jahrzehnte Veränderungen erfahren, weil sie ansonsten zu schnell geworden wäre. Gleichwohl werden noch Geschwindigkeiten von über 330 km/h erreicht ( 4 x pro
Runde).
Mein Kollege und ich benutzten die Zeit während des Trainings und des Rennens, verschiedene
Streckenteile anzuschauen. Wir waren beispielsweise in der Porsche-Kurve, an der Dunlop-Unterführung (wir erinnern uns an den riesengroßen Reifen) sowie in der Kurve Teffre Rouge, dort wo die
Mulsannegerade beginnt.
Überall Camper, teilweise war es ihnen gelungen, ihre mobilen Unterkünfte direkt an der
Rennstrecke zu postieren. Es wurde natürlich überall gegrillt und auch hin und wieder ein Glas Bier oder Wein getrunken.
Die Sicherheit wird mittlerweile in Le Mans groß geschrieben, nach dem schrecklichen Unfall in
den 50er Jahren hat man überall große Sicherheitszäune aufgebaut. Ohne Sicherheitszäune läuft praktisch nichts. Die Zuschauer sind also gut geschützt.
Vielleicht noch zu bemerken, dass einige mobile Restaurants (Zelte) direkt an der Rennstrecke
aufgebaut worden waren. Man konnte so beispielsweise ein Hähnchen oder Steak essen, ein Bier oder Wein trinken und noch Rennen anschauen.
Zu den Unterkünften rings um Le Mans sollte noch bemerkt werden, dass es äußerst schwierig ist,
ein Hotel zu bekommen. Man muss, wenn man in Le Mans übernachten will, jahrelang vorher ein Hotelzimmer buchen.
Selbst in der Umgebung sind Hotelzimmer rar. Wir hatten beispielsweise ein Hotel in der 75 km
entfernten Stadt Laval bekommen. Wir mussten jeden Tag über 75 km anreisen.
Resümee
Le Mans ist eine Reise wert. Jeder, der etwas mehr an Motorsport
interessiert ist, sollte einmal im Leben nach Le Mans fahren! Es lohnt sich!
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