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Webmaster Reinhold Zitzelsberger

Letzte Änderung

Donnerstag, 22. August 2013 

Schwedenrallye 2003

Skandinavier beherrschen das „Schneerennen“

 

Alljährlich findet auf schneebedeckten Waldwegen in den Wäldern nördlich von Karlstadt (Vännernsee) die Schwedenrallye statt. Es ist schon etwas besonderes, als Mitteleuropäer diese Wahnsinnsschau mit zu erleben. Man ist erstaunt, dass bei dieser Rallye eigentlich nicht mehr passiert, denn große Auslaufzonen, wie wir es von den permanenten Rennstrecken kennen, gibt es hier nicht. Nur durch Absperrbänder werden die Fans von der Strecke ferngehalten, zwischen der Vorbeifahrt der einzelnen Rallyefahrzeuge laufen sie sogar noch auf der Straße herum.

Die Schwedenrallye ist natürlich etwas besonderes für Skandinavier, denn die müssen sich von Kind auf an mit winterlichen Straßenzuständen zurecht finden.

Die Rallyeweltmeisterschaft 2003 wird wieder spannend werden. Fahrzeuge aus aller Welt sind am Start. Jeweils drei Fahrzeuge starten für die Werkteams von Peugeot, Ford, Subaru, Hyundai, Skoda und Citröen. Hinzu kommen Privatfahrzeuge mit ebenfalls hervorragenden Piloten. Bei der einige Wochen vorher gestarteten Rallye Monte Carlo hatte Citröen einen dreifachen Triumph eingefahren, die anderen Teams, insbesondere Peugeot, hatten Revanche angekündigt.

Schaut man in der Ergebnisliste der Schwedenrallye der letzten Jahre nach, so erkennt man, dass nur einmal ein „nicht skandinavischer“ Rallyefahrer diese Rallye gewonnen hat.

Es sollte also ganz spannend werden!

Wälder bei Karlstadt

Die etwa 60.000 Einwohner zählende Stadt Karlstadt liegt nördlich am Vännernsee, geografisch etwa auf der Höhe von Stockholm. Gestartet wird früh morgens auf dem Marktplatz von Karlstadt. Von dort fahren die Fahrzeuge etwa 60 km zu dem nördlich gelegenen Flugplatz Hagfors. Dort befindet sich das Servicezentrum, das von den Fahrzeugen jeweils nach zwei Sonderprüfungen angefahren wird.

Die Rallye endet abends bei Dunkelheit wieder in Karlstadt, von dort aus fahren die Fahrzeuge dann den „Park Fermé“ an (praktisch eine Hotelgarage, wo sie nachts untergestellt sind.

Die Sonderprüfungen finden in den Wäldern statt. Zwischen den einzelnen Sonderprüfungen fährt man über normale Landstraßen. Wir wurden wiederholt von Rallyefahrzeugen überholt, obgleich diese sich eigentlich auch an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten mussten.

Im Rallyehauptquartier in Karlstadt erwarben wir für 300 Schwedenkronen (etwa 33 €) ein Ticket, das uns berechtigte, alle Streckenabschnitte zu besuchen, außerdem die Servicestelle auf dem Flugplatz in Hagfors sowie die abendliche Sprintprüfung im Stadion von Hagfors. Es gab noch diverse Gutscheine dazu, die man beispielsweise beim Tanken oder in bestimmten Restaurants einlösen konnte.

Flugplatz Hagfors

Die Zeit, die die Rallyefahrzeuge an den Servicestationen verbringen dürfen, ist genau vorgegeben. Die Rallyefahrer fahren die Servicestellen an und in wenigen Minuten hat man das Fahrzeug praktisch auseinander genommen und gecheckt. Das geht wahnsinnig schnell, denn allzu viel Zeit verbleibt den Servicemannschaften nicht. Uns fällt auf, dass die Rallye mit Spikesreifen, die besonders schmal sind, gefahren wird.

Von der Servicestation fahren wir an die Rallyestrecke bei Frederiksberg. Wir müssen noch einige Kilometer laufen, bis wir an einer Stelle angekommen sind, wo in wenigen Minuten die Fahrzeuge vorbei kommen sollen.

Als erstes Fahrzeug erscheint der „Sicherheitswagen“ (Safety Car), der durchaus im Renntempo an uns vorbeifährt. Nur das Besondere ist hier, dass er mit einer gelb blinkenden Warnleuchte ausgerüstet ist.

Wir befinden uns in einem Umfeld von vielen Rallyebesuchern, die es sich in den Wäldern bequem gemacht haben. Überall kleine Lagerfeuer und dem Alkohol, der in Schweden eigentlich sehr teuer ist, wird gut zugesprochen. Wir haben den Eindruck, dass viele der Zuschauer wohl die Rallyefahrzeuge gar nicht mehr erkennen!

Durch „aktives Anstellen“ habe ich bald einen Platz in der ersten Reihe. Trillerpfeifenkonzert. Ein Motor heult auf. Ich warte mit der startklar gemachten Kamera. Mit einem wahnsinnigen Drift schießt ein rotes Auto an uns vorbei. Ich drücke auf den Auslöser und verfolge das Fahrzeuge durch Umdrehen. Noch mal ein Bild, während das Fahrzeug über eine Kuppe springt. Nach 100 m ist es nicht mehr zu sehen. Ich habe keine Zeit gehabt, das Fahrzeug zu erkennen. Es soll Marcus Grönholm auf Peugeot, der die Rallye derzeit anführt, gewesen sein.

Im Minutenabstand folgen weitere Rallyefahrzeuge, zunächst die Werkswagen und dann nach und nach auch viele Privatfahrer. Der Abstand beträgt in der Regel eine Minute. In der Zwischenzeit laufen die Zuschauer auf die Strecke, um andere Plätze einzunehmen. Ein gefährliches Spiel, denn auf einmal kommt ein Fahrzeug an, das weit weniger als eine Minute Abstand zum vorhergegangenen Fahrzeug hat. Wohl deshalb, weil das vorausfahrende Fahrzeug Probleme gehabt haben muss (Unfall, technische Probleme, ...).

Wieder die Trillerpfeifen der Streckenposten, die auf der Strecke befindlichen Zuschauer hechten in die seitlich befindlichen Schneeberge. Schon rast der Rallyewagen vorbei, nur wenige Zentimeter von den Zuschauern entfernt. Ein Wahnsinn!

Grönholm gewinnt

Wie schon oft erwähnt, ist die Schwedenrallye eine Sache der Skandinavier. Nach der dritten Prüfung lagen vier Peugeot unter den ersten 5. Irritierend unter den roten wirkte nur ein blaues Auto: Altmeister Tomi Mäkinen, dreifacher Schweden-Gewinner und vierfacher Weltmeister. Er hatte sich hinter Grönholm auf den 2. Platz geschoben, den er bis zum Zieleinlauf verteidigen sollte. Enttäuschend die Vorstellung von Armin Schwarz auf dem koreanischen Hyundai. Finanzielle Probleme sorgten dafür, dass das Fahrzeug nicht optimal vorbereitet werden konnte. Armin Schwarz wurde immerhin 12.

Bleibt noch zu erwähnen, dass im Ziel die Rallyeasse Burns (Peugeot), Martin (Ford Focus) und McRae (Citröen) 3, 4. und 5. wurden. Monte Carlo-Sieger Loeb wurde „nur“ 7.

Dicht dabei

Höhepunkt war am 2. Tag für uns der Sprintwettbewerb im Stadion von Hagfors. In das Stadion hatte man eine mit vielen Kurven gespickte Strecke gelegt. Streckenlänge 1,9 km. Spärliche Beleuchtung durch Flutlicht. Die Rallyefahrer mussten mit „ihrem eigenen Licht“ sehen. Wir standen diesmal sicher hinter riesengroßen Schneebergen und einem Zaun. Der Nachteil, dass wir mit unseren Fotoapparaten nicht allzu viel anrichten konnten, denn das Blitzlicht reichte keine 10 m weit. Gleichwohl ist mir von 36 Aufnahmen ein Bild gelungen, das einen Ford Focus von hinten mit einem wahnsinnigen Drift zeigt.

Am 2. Tag schauten wir uns den Zieleinlauf der Sonderprüfung SS15 an, die Sonderprüfung wurde nördlich von Hagfors in der Nähe von Ekshärad durchgeführt.

Wir mussten wieder ein paar Kilometer laufen, um an die Rallyestrecke zu kommen. Wir wurden aber für das Laufen belohnt.

Einige hundert Meter vor dem Ziel war die Zeitschranke, gleichwohl noch mit hoher Geschwindigkeit wurde der Kontrollpunkt angefahren. Die Rallyefahrer bekamen ins Bordbuch ihre Zeiten eingetragen. Man erkundigte sich natürlich auch nach den Zeiten der Konkurrenz. Marcus Grönholm war auch hier der Schnellste. Interessant für uns auch, dass die Fahrer nach der Sonderprüfung von Rundfunk und Fernsehen interviewt wurden. Wir hatten die Möglichkeit, aus nächster Nähe Bilder zu machen. Aber auch hier wieder die „Normalerscheinung“, viele angetrunkene Rallyebesucher.

Übrigens, der Rücktransport zu unseren Autos geschah auf schwedische Art. Ein Bauer stellte seine Heuwagen zur Verfügung. Etwa 50 Rallyefans drängten sich jeweils auf einen Heuwagen und wurden von dem seltsamen Gefährt unter Polizeiaufsicht zu dem 5 km entfernten Parkplatz gefahren – das gibt es nur in Schweden!

Resümée

Die Schwedenrallye hat uns super gefallen. Es ist zwar nicht HighTec, was hier seitens der Veranstalter in den Wäldern von Schweden geboten wird. Aber der Ablauf geschieht reibungslos. Viele kleine Autoclubs mit ihren Mitarbeitern sorgen dafür, dass alles klappt.

Das Problem als Zuschauer ist es, dass man über den Verlauf der Gesamtrallye wenig Nachrichten bekommt. Allenfalls kann man abends eine Zusammenfassung im Fernsehen (auf schwedisch) verfolgen.

Aber das Wichtigste an dieser Motorsportveranstaltung ist eigentlich nicht der Wettbewerb, sondern das Drumherum: schneebedeckte Wälder, bunte Autos, heitere Fans, usw. – was will man mehr!

 

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