100 Jahre Maserati
-Eine Sonderausstellung auf der Essener Motor Show-
Ferrari, Maserati, Alfa Romeo und Lancia, das waren italienische Rennställe, die, bevor die
Engländer kamen, das Rennsportgeschehen in Europa – und auch wohl in der Welt – bestimmt haben. Übrig geblieben ist nur Ferrari, die als einzige Firma in der Formel 1 von Anfang bis
heute dabei ist.
Gleichwohl hat der Name Maserati heute noch einen guten
Ruf, immerhin wurde vom legendären Typ 250F, mit dem der Argentinier J.M. Fangio 1957 Weltmeister wurde, wohl die meisten Rennwagen gebaut – 32? Aber Vorsicht, es gibt da
auch Nachbauten und nicht alles, was zu sehen ist und fährt, ist Original.
Auf der Essener Motorshow gab es eine einzigartige Sonderausstellung mit Maserati-Rennwagen aus vielen Epochen, der Slogan hieß: „100 Jahre Maserati“!
Historie
Es waren 6 Brüder, alle motorsportbegeistert und in der Autobranche tätig. Besonders hervor tat sich Alfieri Maserati, er
mietete am 1. Dezember 1914 ein preiswertes Gebäude in der Via del Pepoli in Bologna und eröffnete seine eigene Werkstatt, die er Officina Alfieri Maserati nannte. Neben dem Angebot von normalen Serviceleistungen für Isotta
-Fraschini-Automobile präparierte er Isotta-Motoren für den Renneinsatz. Die Brüder Ettore und Ernesto arbeiteten ebenfalls in der Firma, die Firma beschäftigte fünf Mechaniker.
Turbolenzen im 1. Weltkrieg, Gründung einer Firma für den Bau von Zündkerzen – aber immer blieb der Bezug zum
Motorsport bestehen. Alfieri fuhr Rennen und konstruierte Rennwagen und war erfolgreich. Bei einer Operation starb der
Firmenkopf Alfieri und sein Bruder Ernesto machte weiter – allerdings hatte die Firma Maserati nach dem Tod des Firmengründers wirtschaftliche Probleme, auch waren die Wagen nicht unbedingt zuverlässig. Ein „Schrotthändler“
namens Adolfo Orsi, der aus armen Verhältnissen kam und sich hochgearbeitet hatte, übernahm 1937 die angeschlagene Firma Maserati. Die Maserati-Brüder Ernesto, Bindo und Ettore wurden Berater.
Den Motorsport in den 30er Jahren bestimmten die Silberpfeile von Auto Union und Mercedes, gleichwohl gelang Paul
Pietsch beim Großen Preis von Deutschland 1939 ein 3. Platz hinter … (Mercedes) und … (Auto Union).
In der Nachkriegszeit war der einsitzige Format-Rennwagen Typ 4 CLT/48 erfolgreich, er wurde von J.M. Fangio
(Argentinien) sowie Prinz Bira aus Siam gefahren.
Neue Formel für F1-Rennwagen ab 1954 mit 2,5 Liter Hubraum. Mercedes kam zurück in die F1 und Maserati
entwickelte auf der Grundlage des Typs 4 CLT/48 den legendären 250F. Die Fahrer waren zu Beginn der Saison J.M. Fangio (der dann zu Mercedes wechselte) und Onofre Marimon (Argentinien, der beim GP von Deutschland im
Streckenabschnitt Wehrseifen tödlich verunglückte). 1957 wurde Fangio mit dem 250F Weltmeister. Erfolgreichster Maserati-Fahrer hinter J.M. Fangio war Stirling Moss.
Neben F1-Rennen beteiligten sich die Firmen auch an Sportwagenrennen, z.B. der Targa Florio, dem 1.000 km-Rennen
auf dem Nürburgring oder der Mille Miglia. Diese Sportwagenrennen hatten einen hohen Stellenwert. Bekanntester
Rennsportwagen war der Birdcage (Vogelkäfig) Maserati, mit dem Stirling Moss auf dem Nürburgring gewann.
Verlagerung der Maserati-Werke nach Argentinien und dortiger Machtwechsel (Ablösung von Peron) führten zum
wirtschaftlichen Untergang von Maserati. Es gab dann noch 1967 den Cooper Maserati (Fahrer Jochen Rindt und …), aber der Wagen war zu schwer und somit erfolglos.
Der Name Maserati lebt aber weiter – bis heute.
Sonderschau in Essen
Hauptanziehungspunkt in Halle 1 der Essener Motor Show war die Sonderausstellung „100 Jahre Maserati – La
Tradizione Italiana Sportiva 1914 – 2014“. Die Sonderschau ist mehr als nur eine Hommage an die im nächsten Jahr ihren 100. Geburtstag feiernde italienische Traditionsmarke. Maserati-Rennsportwagen präsentierte die S.I.H.A.,
Veranstalter des CLASSIC & PRESTIGE SALONS auf der Essen Motor Show, eine Auswahl der faszinierendsten und
seltensten Automobile mit dem Dreizack als Markenzeichen – und gab damit u.a. auch eine eindrucksvolle Vorschau
auf die Klassik-Weltmesse TECHNO-CLASSICA, die im Jahr 2014 vom 26. bis 30. März in Essen stattfindet.
Zu den bei der jetzt auf der Essen Motor Show ausgestellten Maserati-Rennsport-Raritäten zählen u.a. ein Maserati
200S, ein A6GCS, ein Tipo 4 CLT, ein Tipo 8CM, der erfolgreiche Formel 1-Wagen Tipo 250F und der legendäre Tipo
61 „Birdcage“.
Eindrucksvolle Beschreibungen auf Schildern vor den jeweiligen Exponaten, hier 3 Beispiele:
Nachkriegs-Maserati (Tipo 4CLT)
Gegen Ende der 40er Jahre entwickelte Maserati aus dem kleineren 4CL den Typ 4CLT. Der Wagen wurde sowohl
vom Werk als auch von Privat-Fahrern beim Grand-Prix-Rennen eingesetzt. Insgesamt wurden 20 Rennwagen dieses Typs gebaut. Der hier gezeigte Wagen ist einer der originalsten noch existierenden 4CLT.
Sportliche Erfolge
Der mit einem Vierzylinder-Kompressor-Motor ausgestattete Wagen war kurz nach dem 2. Weltkrieg das
meistgefahrene Rennauto und Hauptgegner der ersten Ferrari. Fahrer waren u.a. Luigi Villoresi, Alberto Ascari,
Giuseppe Farina, Reg Parnell, Louis Chiron, Emanuel de Graffenrieth, Nello Pagani, Prinz Bira und natürlich J.M.
Fangio. 1948 gewann Villoresi den GP von Silverstone (England), wurde beim GP in Turin (Italien) Zweiter und bei den
GP von Bern (Europa) und Reims (Frankreich) jeweils Dritter. Den GP von Monaco konnte 1948 Giuseppe Farina
gewinnen. Fangio gewann 1948 mit diesem Auto die Großen Preise von Mar del Plata, San Reomo, Pau, Perpignan und Albi sowie 1950 den GP von Pau.
Birdcage Maserati (Tipo 60/61)
Der Maserati Tipo 60/61 ist ein Rennsportwagen, den Maserati von 1959 bis 1961 nur für Kunden baute. Das erste
gebaute Tipo 60 wurde nur vier Mal gebaut und hatte einen 2 Liter-Motor. Der Tipo 61 mit 3 Liter-Motor war eine
Weiterentwicklung und letztendlich das erfolgreichere Fahrzeug. Einen Werkseinsatz bei Rennsportveranstaltungen gab
es wegen der zu dieser Zeit angespannten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens nicht. Insgesamt wurden 22 Fahrzeuge dieses Typs hergestellt.
Bekannt wurde der Wagen als Maserati „Birdcage“ (Vogelkäfig), eine Anspielung auf den ungewöhnlichen, nur 30 kg
schweren Gitterrohrrahmen von Giulio Alfieri, der aus mehr als 200 hauchdünnen Stahlrohren besteht.
Sportliche Erfolge
1958 erlebte ich den Vogelkäfig-Maserati auf einer Testfahrt auf dem Nürburgring mit Stirling Moss, noch ohne
Startnummer. Stirling Moss war es auch, der den Wagen mitentwickelte und bereits beim ersten Renneinsatz eines
„Birdcage“ im Rouen 1959 einen Sieg einfuhr. Mit diesem Wagen, der sehr ausgewogen und präzise zu fahren war,
dominierte Maserati Anfang der 60er Jahre das Renngeschehen vor allem in den USA, wobei der Name Maserati mit
Teams wie Camoradi (Casner Motor Racing Division) und Cunningham in Verbindung steht. Neben anderen Rennen
gewann der Maserati Tipo 61 zweimal das 1.000 km-Rennen auf dem Nürburgring: 1960 siegten Stirling Moss/Gurney in 7:31.40,5 Std. = 133,2 km/h; 1961 Gregory/Casner in 7:51.39,2 Std. = 127,6 km/h.
Fangio-Maserati (Tipo 250F)
Mit dem Maserati 250F fuhr Fangio 1957 beim GP von Deutschland einen seiner größten Siege ein – ein
wunderschöner Rennwagen, der auch heute noch seinen Charme hat. Aber nicht nur Fangio war erfolgreich, sondern auch sein Dauerrivale Stirling Moss.
Maserati baute 32 Rennwagen dieses Typs – und somit ist das wohl der meistgebaute F1-Rennwagen aller Zeiten.
Heute allerdings gibt es viele Nachbauten, so konnte ich auch keine detaillierteren Angaben über das in Essen ausgestellte Fahrzeug mit der „Langnasenform“ bekommen. SIHA, der Initiator der Maserati-Ausstellung, schrieb mir
„Wir freuen uns über Ihre Berichterstattung, dürfen aber leider keine detaillierten Angaben machen, da diese Leihgaben
privater Sammler sind.“. Allerdings war auf einem Schild zu lesen, dass der Maserati 250F (der hier gezeigte?) 1959 in einem Film mit Romy Schneider mitgewirkt habe.
Sportliche Erfolge
Der 250F war eines der erfolgreichsten Fahrzeuge überhaupt und sicherte Maserati die Formel 1-Weltmeisterschaft mit
Fangio am Steuer im Sommer 1957 in einem bis heute legendären Rennen. Beim Debüt des 250F, beim Großen Preis
von Argentinien im Jahre 1954, fuhr der Wagen gleich einen Premierensieg ein. Zwischen 1954 und 1958 war der
Maserati 250F auf den internationalen Formel 1-Rennstrecken unterwegs und gewann in dieser Zeit 55 Rennen. Neben
Fangio waren alle namhaften Fahrer der 50er Jahre auf dem Wagen unterwegs: Stirling Moss, Harry Schell, Cesare
Perdisa, Francisco Godia-Sales, Roberto Mieres, Mike Hawthorn, Peter Collins, Jean Behra, Roy Salvadori sowie viele Privatfahrer wie u.a. Chico Landi, Gerino Gerini und die einzige Frau in der damaligen Formel 1, Maria Theresa de Filippis.
Resümee
Maserati, das ist ein Name, bei dem schon beim Aussprechen Freude aufkommt.
Die Freude wird umso größer, wenn man die schönen Fahrzeuge auch sieht. Noch besser ist es, wenn man sie noch
beim Fahren erlebt.
Quelle: Buch Maserati von Pritchard, Katalog Essener Motorshow
|